Mittwoch, 18. August 2010

Das waren andere Zeiten


Ich bin viel gefahren die vergangenen paar Tage. Gestern waren es fünf Stunden. Heute sind es weitere vier. Morgen sind es fünf oder sechs mehr. Danach werde ich von all diesem Internet-Lärm eine Weile abgeschirmt sein.


Wie auch immer, um mich während der Fahrererei wach zu halten, habe ich mir einige Podcasts runtergeladen, unter Anderem eines mit dem Namen Dan Carlin's Hardcore History. Ich musste es allein des Titels wegen runterladen. Doch stellte sich raus, dass es wirklich gut ist.


Die zwei Podcasts, die ich mir gestern angehört habe, brachten mich zum Nachdenken über die buddhistische Sicht in Bezug auf ihre alten Schriften. Wie ich bereits unzählige Male gesagt habe, betrachten Buddhisten ihre alten philosophischen Schriften nicht so wie es die meisten Religionen tun. Wir betrachten unsere “heiligen Schriften” (in Ermangelung eines besseren Begriffs) nicht einmal so, wie Amerikaner ihre Verfassung betrachten.


Kürzlich sah ich etwas über den zweiten Verfassungszusatz (Second Amendment), wo jemand zu sagen versuchte, dass wir dem was die Gründerväter beabsichtigten treu sein sollten. Warum? Genau das ist die religiöse Sicht auf (heilige) Schriften. Die Gründerväter waren nicht unfehlbar. Ihre Absichten waren vielleicht völlig falsch. Oder, genauer, ihre Absichten waren vielleicht richtig, aber richtig zu ihrer Zeit, nicht zu unserer.


Religionen neigen dazu, ihre heiligen Schriften als unfehlbar und deren Vefasser als perfekt anzusehen. Buddhisten teilen diese Sichtweise nicht. Die alten buddhistischen Meister waren oft brilliant, in einigen Fällen womöglich brillianter als irgendjemand der heute Lebenden. Allerdings waren sie auch Menschen einer anderen Zeit und eines anderen Ortes. Das dürfen wir nie vergessen.


Die Hardcore History Episoden, die ich mir gestern angehört habe, betrafen etwas, was wir heute Kindes- und Drogenmissbrauch in früheren Zeitaltern nennen würden. Diese hörend, wurde ich daran erinnert, wie anders unsere heutige Welt ist, als die Welt der Vergangenheit. Nicht nur, dass es kein Internet, Fernsehen oder Spültoiletten im alten Indien oder Japan oder wo immer gab. Womöglich handelt es sich heutzutage um einen grundlegend anderen Menschen als den der in der Vergangenheit existierte. Möglicherweise.


Ein Typ aus dem Kommentarbereich dieses Blogs sagte kürzlich, dass Zen kein Buddhismus sei, weil Gautama Buddha es seiner Sangha nicht erlaubte Sex zu haben und im Zen selbst Mönche und Nonnen ficken dürfen. Ich wies ihn darauf hin, dass er falsch läge. In Gautama Buddhas Zeiten war es den Mönchen und Nonnen verboten Sex zu haben, aber der Sangha war es im allgemeinen gestattet zu poppen so viel sie wollten, solange ihr Benehmen keine Probleme verursachte. Buddha gab uns einen Hinweis wie man beurteilen kann, ob deine sexuellen Aktivitäten der Gesellschaft Probleme bereiten könnten.


In seiner typischen homophoben, chauvinistischen, männlich-zentrierten Art sagte er:


Er vermeidet ungesetzlichen Sexualverkehr, verzichtet darauf. Er hat kein Verkehr mit Mädchen die noch unter der Obhut von Vater oder Mutter, Bruder, Schwester oder Verwandten stehen; noch mit verheirateten Frauen, noch weibliche Verurteilte; noch, letztlich, mit verlobten Mädchen.


Ihr gleichgeschlechtlich Gesinnten da draußen werdet eure eigene Korrekturen daran machen müssen. Aber ihr versteht worum es geht.


Jedenfalls ist einer der Gründe warum die japanische Zen-Tradition den Mönchen heutzutage Sex erlaubt der, dass sie erkennt, dass wir heute in sehr anderen Zeiten leben.


In den Hardcore History Podcasts, die ich mir gestern angehört habe, wies Dan Carlin darauf hin, dass das, was wir heutzutage als Kindes- und Drogenmissbrauch bezeichnen würden in der Vergangenheit sehr weit verbreitet war. Es wurde als normal betrachtet. Und die Gesellschaft war davon tief betroffen. Menschen waren auf Grund dessen anders. Sie wurden auf völlig andere Weise groß gezogen. Sie fällten zentrale Entscheidungen unter völlig anderen Umständen. Es ist schwer sich vorzustellen welche Dinge früher als absolut normal angesehen wurden, selbst vor so kurzer Zeit wie vor 100 Jahren. Höre dir die Podcasts selber an wenn du Details haben möchtest. Es sind zwei der „Blitz“ Episoden. Der Download ist gratis.


Wir sind auf viele bedeutende Weisen sehr andere Menschen ,als die zu denen Buddha sprach, als die frühesten buddhistischen Schriften aufgezeichnet wurden. Doch auf andere, tiefere Art und Weise sind wir umso mehr die selben. Es ist unsere Pflicht als zeitgenössische Buddhisten dies zu verstehen und die Unterschiede und Ähnlichkeiten zu erkennen.


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OK, das war schon mal ein Post aus dem Stegreif, der euch mindestens für die nächste Woche reichen muss, wenn nicht für die nächsten sechs Wochen. Ich werde ungefähr vier Tage Zeit haben zwischen Great Sky und Tassajara. Es lässt sich nicht sagen, ob ich in diesen Tagen werde Posten können oder nicht. Mindestens zwei Tage werden ausschließlich dem Fahren gewidmet sein. Vielleicht auch mehr. Ich muss an meinem Programmablauf arbeiten.


Wie auch immer, bis bald!