Samstag, 5. Januar 2008

SANDOKAI (Die Vereinigung von Essenz und Erscheinung)

Ich bin immer noch hier im San Francisco Zen Center, wo ich gerade am Samstag-Morgen-Ritual teilgenommen habe. In einer viertel Stunde beginnt eine weitere Runde Zazen, und ich bin dabei. Aber während ich warte, wollte ich gern einen Text mit Euch teilen, der hier sehr oft rezitiert wird: „Die Vereinigung von Essenz und Erscheinung“ von Sekito Kisen (700-790). Es ist ein sehr schöner Text. Shunryu Suzuki hat darüber in dem Buch Leidender Buddha, glücklicher Buddha. Zen-Unterweisungen zum Sandokai geschrieben.

Hab leider keine Zeit für 'nen Kommentar oder so. Also hier ist er in der Rohfassung. Viel Spaß!

SANDOKAI

Der Geist des großen Weisen aus Indien wurde direkt von Westen nach Osten übermittelt.

Menschen unterscheiden zwischen Dummen und Klugen, doch auf dem wahren Weg gibt es keine Patriarchen des Südens oder des Nordens.

Die Quelle der Lehre ist rein und ohne Makel. Bäche die sich verzweigen fließen in der Dunkelheit.

An einer Idee zu haften ist Täuschung. Die Wahrheit zu erkennen ist auch nicht immer Erleuchtung.

Die Sinne und ihre Objekte sind eng miteinander verbunden und gleichzeitig voneinander unabhängig. Doch trotz ihrer unendlichen Verbundenheit haben sie alle ihren eigenen Ort.

Dinge unterscheiden sich in Wesen und Form. Im Geschmack, Klang und Gefühl manifestieren sich gut und schlecht. Im Dunkeln sind hochwertig und minderwertig nicht zu unterscheiden. Im Hellen wird der Gegensatz von rein und unrein deutlich.

Die vier Elemente kehren zur ihrer Natur zurück, wie ein Kind zu seiner Mutter. Feuer erhitzt, Wind bewegt, Wasser nässt, Erde ist fest.

Für die Augen gibt es Farbe und Form. Für die Ohren gibt es Klang. Für die Nase gibt es Geruch. Für die Zunge gibt es Geschmack.

Jedes Phänomen entspringt der Wurzel, so wie Zweige und Blätter aus dem Stamm sprießen. Wurzel und Baumspitze kehren zu ihrer ursprünglichen Natur zurück.

Hohe und niedrige Worte sind unterschiedlich. In der Helligkeit da ist tiefste Dunkelheit, hafte nicht an der Dunkelheit. In der Dunkelheit da ist Helligkeit, aber suche nicht nach der Helligkeit. Dunkelheit und Helligkeit wechseln einander ab wie beim Gehen der vordere und hintere Fuß.

Jedes Phänomen hat seinen Wert. Ihr solltet darauf achten, wie die Wahrheit zum Ausdruck gelangt. Das Relative passt zum Absoluten wie ein Deckel zu seinem Behälter. Das Absolute und das Relative entsprechen einander wie zwei Pfeile, die sich im Flug begegnen.

Hörst Du die Worte, solltest Du die Quelle der Lehre verstehen. Entwickle keine eigenen Maßstäbe. Erkennst du den Weg nicht mit deinen Augen, wie sollten dann deine Füsse um ihn wissen? In der Übung fortschreiten ist weder fern noch nah. Im Zustand der Täuschung bist du Berge und Flüsse davon entfernt.

Ich fordere alle Sucher der Wahrheit ehrerbietig auf: Vergeudet eure Tage und Nächte nicht.

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